Tuesday, 6. July 2010
Israel - "Zusammenstoß zwischen Staat und Religion"
17.06.2010, 11:56

120.000 ultra-orthodoxe Juden gehen in Israel auf die Straße. Der Grund: Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs.

Aus Protest gegen ein Urteil des Obersten Gerichtshofs sind am Donnerstag nach Angaben der Polizei etwa 120.000 ultra-orthodoxe Juden in Israel auf die Straße gegangen. Es waren die größten religiösen Proteste seit mehr als zehn Jahren, die liberale Zeitung Haaretz bezeichnete sie als den bisher "dramatischsten Zusammenstoß zwischen Staat und Religion".
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Proteste in Irsael: Alleine in West-Jerusalem nahmen 100.000 Menschen an der Kundgebung teil, weitere 20.000 gingen bei Tel Aviv auf die Straße.

Tausende Polizisten waren in erhöhter Alarmbereitschaft. Hintergrund der Proteste war ein Entschluss des Obersten Gerichts, wonach eine Mädchenschule für aschkenasische Juden in der ultra-orthodoxen Siedlung Immanuel im Westjordanland auch Kinder sephardischer Juden aufnehmen muss.

Aus Protest gegen die Entscheidung schickten mehrere Eltern ihre Kinder nicht mehr auf die Schule. Daraufhin verurteilte Israels höchstes Gericht die 86 Väter und Mütter wegen der Verletzung der allgemeinen Schulpflicht zu zwei Jahren Haft. Die Richter urteilten, die Trennung der Schüler sei rassistisch. Dagegen argumentieren die Eltern, die aus Europa stammenden aschkenasischen Juden und die aus arabischen Ländern stammenden sephardischen Juden verfolgten verschiedene religiöse Bräuche.

Paradoxerweise gingen Vertreter beider ultra-orthodoxer Gemeinschaften am Donnerstag gemeinsam auf die Straße. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich mindestens 100.000 Menschen an der Kundgebung in West-Jerusalem, 20.000 demonstrierten demnach in dem mehrheitlich ultra-orthodoxen Ort Bnei Brak bei Tel Aviv.

Beide Gemeinschaften erkennen die Autorität des Obersten Gerichts nicht an. Auf Spruchbändern stand "Die Thora regiert", Redner bekräftigten immer wieder: "Die Thora steht über den bürgerlichen Gesetzen." 1999 hatte eine halbe Million ultra-religiöser Juden in Jerusalem gegen die "Diktatur" der Obersten Richter demonstriert.

Die verurteilten Eltern fanden sich unterdessen in der Justizvollzugsanstalt von Jerusalem ein. Von dort aus sollten sie am Abend auf die verschiedenen Gefängnisse im Land verteilt werden.

(AFP)

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